Anmerkungen zu Game of Thrones S02E06

Gleich mal vorweg eine Warnung – da ich noch nicht weiß wohin mich meine Ausführungen tragen werden, sollten Personen die Probleme mit Spoiler haben den Text besser meiden, zwar hab ich nicht vor, zukünftige Ereignisse zu erörtern, es werden aber Vergleiche zwischen der T.V.-Serie und den Büchern gezogen bei dem sich einiges auftun könnte, dass der geschätzte Serienseher für sein wöchentliches Fernsehvergnügen vielleicht besser noch nicht wüsste.

Letztes Jahr zur etwa selben Zeit führte mich HBO filmisch in George R.R. Martins, dem Mittelalter ähnelnden Fantasiewelt von Westeros ein. Eine Welt in der politische Machtspielreien anscheinend mit der Muttermilch aufgesogen werden und Intrigen und Verrat derart perfektioniert sind, dass man sich an die Ränke von Karl-Heinz Grasser, Wolfgang Schüssel und Alfons Mensdorff-Pouilly erinnert fühlen könnte. Mangels Unschuldsvermutung geht es dort aber deutlich blutiger zur Sache. Machterhalt und Machtgewinnung sind derzeit die bestimmenden Hauptmotive der Protagonisten, dafür leidet die Liebe, werden junge Burschen aus dem Fenster gestoßen und Menschen auf die Mauer verbannt. Die immer zahlreicher werdenden Schachzüge der Beteiligten verweben auch die Schicksale der Figuren untereinander und bewirken dabei unausweichlich, dass den Menschen oft auch das meist kostbarste genommen wird was sie haben, das Leben. Trotzdem hab ich recht dumm aus der Wäsche geschaut, als mir der aufgrund seines melancholischen Wesens liebgewordene Eddard „Ned“ Stark, seines Zeichens bester Kumpel des in der Zwischenzeit gemeuchelten Königs und Familienoberhaupt der Stark Familie, genau in dem Moment als alles sich halbwegs zum Guten zu wenden scheint, publikumswirksam in aller Öffentlichkeit durch das inzestuöse und jähzornige Kuckuckskind der Königin, hingerichtet wird. Mir nichts, dir nichts, beißt eine gut eingeführte Identifikationsfigur ins Gras – und das ist sehr fies! Aber auch teuflisch gut!!

Mit diesem Showdown aus Blut und Verrat wurde der erfolgreich angefixte „GoT“ Junkie dann in die Winterpause verabschiedet. „Winter is Coming“ und vieles deutete darauf hin, dass der Vorhang für die wirklich großen Dramen noch gar nicht gefallen war. Und weil ich von Natur aus mit besonders viel Unruhe in mir gestraft wurde, hat es mich vor Neugier fast zerrissen, was das Schicksal denn noch mit mit seinen Marionetten Robb, Daenerys, Tyrion und wie sie noch alle heissen, vorhaben könnte. Deshalb hab ich mir die bisher erschienen Bücher (in der Übersetzung) bis zum aktuell verfügbaren, Band acht, gekauft.

Mit Frühlingsbeginn ist die Serie nun wieder zurück, doch durch das Lesen der Bücher hat sich einiges verändert. Das Westeros in meinem Kopf, passt nicht mehr in seine T.V.-Schablone. Einzig den perfekten Cast aus dem ersten Teil hat mein Hirn komplett rezeptiert und gibt ihn keiner Veränderung mehr frei, so kann Tyrion noch so lebhaft als Zwerg mit unappetlich deformierten Äußeren illustriert werden. Für mich bleibt er weiterhin dessen Pendant aus der Serie, dass zwar deutlich kleiner als seine Mitmenschen ist, jedoch über einen ansehnlich Wuschelkopf verfügt und dort einen ganz vertretbaren Riecher hat, wo ein krummer Zinken aus dem Gesicht ragen sollte. Und wenn es sich schon so schön um Oberflächlichkeit dreht, möcht ich auch meine Verwirrung um Lord Renley Baratheons sexueller Orientierung kundtun. Nicht weil der so ein scharfer Typ wär – das sind ja wie am Beispiel Tyrion angemerkt eh mehr oder weniger irgendwie alle, sondern weil wenn ich mich richtig erinnere, dass Buch letztlich nichts erwähnenswertes in diese Richtung verliert, während in der Serie sogar seiner frisch Angetrauten Lady Margaery nicht entgeht, wie aufregend der Lord ihren Bruder Loras findet.

Weiter nördlich dürften sie sich in Winterfell, wenn vor die Wahl gestellt wohl Errektionsproblemene wünschen, anstatt sich mit Theon Graufreuds Eisenmännern konfrontiert zu sehen. Theons Figur bleibt dicht an der literarischen Vorlage und verhältnismäßig viel Zeit um als tragisches Zerrbild eigener, zu hoher Ambitionen, immer mehr die trügerische Kontrolle über Zügel zu verlieren, die er niemals wirklich inne hatte. Erfahrungsgemäß sind solche Konstellationen in GoT höhst ungesund für die Umgebung, was uns auch prompt mit Ser Rodriks Kopfverlust veranschaulicht wird und letztlich in der Flucht von Brandon und Rick Stark mündet. Spätestens hier beginne zwei bedeutende Nebencharaktere zu vermissen, wo haben die Macher Meera und Jojen Reet gelassen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Storyline von Brandon völlig ohne die Jägerin und Jungen mit dem „Grünen Blick“ aus dem Sümpfen auskommen kann – man darf gespannt sein!

Weiter südlich scheint die Situation für Arya Stark entspannter geworden zu sein, jedoch nur, weil der Löwe, dem sie dient keine Ahnung hat wer ihm da den Wein einschenkt, aber auch hier unterscheidet sich die Fernsehserie deutlich vom Buch, wo Harrenhal letztlich von Lord Bolton gehalten wurde. Tief hinter der Mauer steht auch für Jon Snow eine Entscheidung an. Was soll mit dem, nach einem Überfall auf einen Wachposten der Wildlinge gefangene Wildlingsmädchen Ygritte geschehen? Soll er sie wie geheißen töten oder besser küssen? Praktisch, wenn einem in so einer verzwickten Situation jemand die Entscheidung abnimmt, weniger gut jedoch wenn es die Gefangene selbst ist und abhaut. Wiederum haben sich die Macher von der literarischen Vorlage entfernt und Neuland betreten was durch die Verlegung der Szene aus dem verfluchten Wald in die eisigen Gletscher der Forstfänge nur noch mehr aufs Auge gedrückt wird.

Aber alles nichts gegen den Diebstahl der Drachen und das Gemetzel an Daenerys Volk in der letzten Szene der Episode. Ein kompleter Game Changer, der in den Büchern nicht ansatzweise vorkommt, aber das Zusehen für den Bücherwurm deutlich interessanter macht!

„Where (the fuck) are my Dragons“?!

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